Modul 2: Psychosoziale und gesundheitliche Belastungen von Pflegenden mit Migrationshintergrund am Arbeitsplatz
Hintergrund
Pflegende gehören zu den Beschäftigten in der Gesundheitsversorgung mit am häufigsten von psychischen und physischen Erkrankungen betroffen sind [1,2]. Ein Risokofaktor ist die Arbeit im Dreischichtsystem [1] und die steigende Arbeitsverdichtung [3].
Aus Sicht der Pflegenden stellen die Autonomie, die Weiterentwicklungsmöglichkeiten in der pflegerischen Versorgung, der Handlungsspielraum, die Teamarbeit, eine starke persönliche Bestätigung durch die Arbeit und funktionierende Kooperationsbeziehungen im Arbeitsbereich wichtige Ressourcen dar [1].
Im Gegensatz zu ihren autochthonen KollegInnen können Pflegende mit Migrationshintergrund spezifischen Belastungen ausgesetzt sein: Diskriminierungserfahrungen [4], mangelnde Unterstützung in der Karriereplanung und ein eingeschränkter Zugang zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen [5].
Fragestellung
Erleben Pflegende mit Migrationshintergrund in Deutschland in der ambulanten Versorgung andere Belastungen und verfügen sie über andere Ressourcen als Pflegende ohne Migrationshintergrund?
Methode
Um der Gefahr der Kulturalisierung 3 entgegenzuwirken, werden sowohl Interviews mit Pflegenden mit Migrationshintergrund als auch Interviews mit Pflegenden ohne Migrationshintergrund durchgeführt. Bei den semistrukturierten Interviews wird der phänomenologische Ansatz nach Husserl verfolgt, der es als qualitativer Forschungsansatz erlaubt, neue Einstellungen und Verhaltensweisen der Interviewten zu erfassen [6].
Die Interviews werden mit Pflegekräften aus ambulanten Einrichtungen in Hamburg durchgeführt. Diese Einrichtungen sind in Hamburg entweder in privat-gewerblicher oder in frei-gemeinnütziger Trägerschaft organisiert [7]. Interviewende werden aus Einrichtungen der beiden Trägerarten rekrutiert. Im Bedarfsfall werden Interviews mit Unterstützung eines Dolmetschers durchgeführt.
3„Unter Kulturalisierung wird die Praxis verstanden, Kultur als wesentliche, zentrale und determinierende Erklärung für (individuelle) Handlungen, Einstellungen, Verhaltensweisen, Konflikte oder Ausdrucksweisen zu verstehen. Häufig wird dabei der Kulturbegriff ethnisiert und Menschen werden beispielsweise auf ihre – angebliche – »türkische Kultur« festgeschrieben. Dadurch werden Menschen in ihrer Vielfältigkeit und Komplexität nicht wahrgenommen, sondern ausschließlich auf eine (vermeintliche oder tatsächliche) kulturelle Zugehörigkeit reduziert. Dass es sich hierbei häufig um Fremdzuschreibungen und nicht um die eigene subjektive Identifikation handelt, gerät bei kulturalisierenden Interpretationen der Wirklichkeit häufig aus dem Blick. Durch Kulturalisierungen werden die Dichotomisierung der Gesellschaft in Zugehörige (»Wir«) und Nicht-Zugehörige (»Die Anderen«) verstärkt und Stereotypen und Zuschreibungen reproduziert“ [8].
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Literatur
[1]
BRAUN, B.; MÜLLER, R., Arbeitsbelastungen und Berufsausstieg bei Krankenschwestern, Pflege und Gesellschaft, 2005. 3, pp. 131-141.
Online:
http://www.dg-pflegewissenschaft.de/pdf/PfleGe0305Braun.pdf
[2]
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. BSicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2014 – Unfallverhütungsbericht Arbeit.
2. Auflage. Dortmund: 2016.
Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2014 – Unfallverhütungsbericht Arbeit. 2., korrigierte Auflage 2016.
Online:
http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/Suga-2014.pdf?__blob=publicationFile&v=19
[3]
MCHUGH, M. D.; KUTNEY-LEE, A.; CIMIOTTI, J. P.; SLOANE, D. M.; AIKEN, L. H., Nurses’ widespread job dissatisfaction, burnout, and frustration with health benefits signal problems for patient care. Health Affairs, 2011. 30 (2), pp. 202-210.
[4]
TUTTAS, C. A., Perceived racial and ethnic prejudice and discrimination experiences of minority migrant nurses: a literature review. Journal of Transcultural Nursing, 2015. 26 (5), pp. 514-520.
[5]
HO KH, CHIANG VC., A meta-ethnography of the acculturation and socialization experiences of migrant care workers. In: Journal of Advanced Nursing, 2014. 71 (2), pp. 237-254.
[6]
FLICK, U. (1995). Qualitative Forschung. Theorie, Methoden, Anwendung in Psychologie und Sozialwissenschaften. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH.
[7]
STATISTISCHES AMT FÜR HAMBURG UND SCHLESWIG-HOLSTEIN (2015). STATISTISCHER BERICHT. Kennziffer: K II 8 – 2j/13 HH. Pflegestatistik Hamburg 2013. Hamburg.
Online:
http://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Statistische_Berichte/arbeit_und_soziales/K_II_8_2j_t/K_II_8_2j13_HH.pdf
[8]
INFORMATIONS- UND DOKUMENTATIONSZENTRUM FÜR ANTIRASSISMUSARBEIT E.V. (2015). Glossar des Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V. Düsseldorf.
Online:
http://www.idaev.de/glossar/?qlChar=K